Dr. Thomas Wiebogen-Wessely
Onkologie und innere Medizin
INHALTSVERZEICHNIS
Zahnsteinentfernung bei Hund und Katze
Zusammenfassung
Viele Tierbesitzer kennen das Problem: das Tier hat Zahnstein, Mundgeruch, eventuell schon entzündetes Zahnfleisch (Gingivitis) bis hin zu Erkrankungen des Zahnhalteapparates (Parodontitis). Oft fällt es den Besitzern selber gar nicht auf, wenn das Tier beginnt, unter einem Problem in der Maulhöhle zu leiden. Viele Tiere lassen sich vom Tierbesitzer auch nicht gut in die Maulhöhle schauen. Speziell Katzen hören erst auf zu fressen, wenn sie schon unter starken Schmerzen leiden. Wie man Zahnproblemen so gut wie möglich vorbeugen kann und warum es sich lohnt hierfür in den Profi zu investieren lesen sie im folgenden Artikel.
Was ist Zahnstein?
Jeder Zahnstein beginnt als eine dünne Schicht an Belag, sogenannter Plaque, der für das Auge nicht sichtbar ist. Wir Menschen sollten zweimal täglich Zähne putzen, um diese dünnen Beläge von unseren Zähnen zu entfernen und der Entstehung von Zahnstein vorzubeugen. Wenn sich auf dem Plaque wieder Bakterien und mehr Plaque auflagern, entstehen irgendwann Beläge, die auch für das freie Auge sichtbar sind- Zahnstein. Neben Bakterien spielen bei der Entstehung von Zahnstein Speichel (Mineralien) und Futterreste eine große Rolle.
Sowohl der Hund als auch die Katze haben ein Gebiss, das fürs Jagen, Festhalten, Erlegen und Zerlegen der Beute gemacht wurde – ein typisches Fleischfressergebiss also. Der Hund hat in seinem Maul, vor allem bei den Backenzähnen, noch minimal Kauflächen angelegt. Die Katze hingegen hat ein reines Jagdgebiss, alle Zähne sind darauf ausgelegt, die Beute zu töten, zu transportieren und zu zerreißen. Katzen haben in ihrer Maulhöhle keine Kauflächen. Dieser Unterschied erklärt auch, warum es Zahnstein bei unseren Haustieren so viel leichter hat als bei uns Menschen. Der Mensch kann sich zumindest die Kauflächen durch regelmäßige Nutzung von Zahnstein freihalten. unser Hund oder unsere Katze können das aber nicht. Die Zähne erfüllen zusätzlich eine Vielzahl von anderen Funktionen. So sind sind wichtig im sozialen Umgang (Drohgebärden, Fellpflege, Tragen der Jungtiere) und halten die Zunge und die Lippen in Position.
Auswirkung von Zahnstein auf den Zahn und den Körper
Vom Menschen weiß man, dass Zahnstein und die damit einhergehende Parodontitis auch systemische Folgen, wie Herzerkrankungen, Diabetes, Schlaganfälle, Lungenprobleme etc. nach sich ziehen kann. Auch beim Hund gibt es immer mehr Studien, die zeigen, dass Zahnstein das Risiko für Leber- und Nierenerkrankungen erhöhen kann und oft mit Herzerkrankungen einhergeht. Jüngere Studien beweisen sogar einen signifikanten Zusammenhang zwischen Herzerkrankungen und Parodontitis und fanden dieselben Bakterien in der Maulhöhle sowie bei der Beteiligung diverser entzündlicher Erkrankungen des Herzens. Bei Katzen weiß man, dass das Risiko für eine chronische Nierenerkrankung mit zunehmender Parodontitis signifikant ansteigt.
Aber auch der Zahn, das umliegende Gewebe und sogar der Knochen können durch Zahnstein und damit einhergehende Parodontitis stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Zahn sitzt im Alveolarknochen in der Alveole und wird dort von diversen Strukturen, zusammengefasst dem Zahnhalteapparat, festgehalten. Dem Knochen direkt anliegend ist das Zahnfleisch, das um den Zahn herum eine kleine Tasche bildet, die man mit freiem Auge nicht sieht. Wenn sich Plaque und in weiterer Folge Zahnstein bildet, dann auch in dieser Tasche und dort kann er zur Bedrohung für den Zahn werden. Denn greifen die Bakterien den Zahnhalteapparat und/ oder den Knochen an, kann es dazu kommen, dass der Zahnhalteapparat defekt wird, der Knochen von den Bakterien zerfressen und damit der Zahn locker wird. Es gibt keine Möglichkeit diesen Zahnhalteapparat zu rekonstruieren. Ist der Zahn einmal wackelig, kann er nicht mehr gehalten werden und fällt entweder irgendwann von selber aus oder muss gezogen werden
Ablauf einer professioneller Zahnreinigung
Unter einer professionellen Zahnreinigung versteht man die Untersuchung der gesamten Maulhöhle und aller Zähne, das Anfertigen einer kompletten Bilderserie (Röntgen) aller Zähne (Full mouth), die anschließende Entfernung des Zahnsteines und aller Beläge am Zahn und in den Zahntaschen, die chirurgische Beseitigung überschießenden Zahnfleisches und zu tiefer Zahntaschen, sowie eine abschließende Politur des gesamten Gebisses von einem Fachmann. Um Verletzungen zu vermeiden, wird das Tier hierfür in Allgemeinanästhesie versetzt. Eine umfassende Voruntersuchung zur Überprüfung der Narkosefähigkeit (Blutbild, Herzauskultation und gegebenenfalls Ultrasonographie des Herzens) wird bei Erstvorstellung des Patienten vorgenommen. Jeder Zahn wird während des Eingriffes einzeln behandelt, die Tiefe der Zahntaschen sondiert, eventuelle Schäden am Zahn (frische und alte Kronenfrakturen etc.) notiert und behandelt. Der Zahnstein wird zunächst händisch aus den Zahntaschen entfernt, sowie in weiterer Folge auch mittels eines Ultraschall- betriebenen Scalers aus den Zahntaschen und an der gesamten Oberfläche des Zahnes. Der Zahnschmelz ist bei unseren Haustieren um ein Vielfaches weniger als bei uns (Katze < 0,3 mm; Hund < 0,6 mm; Mensch 2- 2,5 mm), daher ist eine Politur äußerst wichtig, um nachhaltige Schäden am Zahn durch die Aufrauhung der Oberfläche während der Zahnsteinentfernung zu vermeiden.
Quellen
- Pavlica Z, Petelin M, Juntes P, Erzen D, Crossley DA, Skaleric U (2008): Periodontal disease burden and pathological changes in organs of dogs. J Vet Dent 2: 97-105
- Pereira Dos Santos JD, Cunha E, Nunes T, Tavares L, Oliveira M (2019): Relation between periodontal disease and systemic diseases in dogs. Research in Veterinary Science
- Semedo- Lemsaddek et al., (2016): Relation between periodontal disease and systemic diseases in dogs. Research in Veterinary Science