Kreuzbandriss
Zusammenfassung:
Der Riss des vorderen Kreuzbandes zählt bei mittel- und großrassigen Hunden zu den häufigsten Lahmheitsursachen. Katzen sind davon seltener betroffen. Der Riss des vorderen Kreuzbandes führt zu einer Instabilität des Kniegelenkes, zu einer Gelenksentzündung und infolge des vermehrten Gelenksspieles zur Arthrosebildung.
Ursache
Die Kreuzbänder im Knie bei Hund und Katze haben eine wichtige Stabilitätsfunktion zu erfüllen. Anders als beim Menschen, reißt das Kreuzband in der Regel nicht durch ein vorangegangenes Trauma (Unfall). Meist handelt es sich um einen degenerativen Prozess, der durch eine zu steile Winkelung der Gelenkfläche des Unterschenkels (Tibiaplateu) entsteht. Jeder Schritt führt hier zu einem Vorwärtsschub (cranial tibial thrust), wodurch sich das vorderere Kreuzband auf Dauer abnutzt und in Folge dessen reißen kann. Größere Rassen wie Neufundländer, Rottweiler, Labrador Retriever, Bulldoggen und Boxer haben eine höhere Tendenz für einen Kreuzbandriss. Bei den kleineren Rassen ist der West-Highland-White-Terrier prädisponiert. Katzen können auch betroffen sein, jedoch mit geringerer Häufigkeit.
Symptome
Lahmheit ist das häufigste Anzeichen. Das Ausmaß der Symptome kann sehr unterschiedlich sein. Im Falle eines Einrisses des Kreuzbandes zeigen die Tiere häufig nur eine geringe Lahmheit. Sie schonen das Bein ein für wenige Schritte nach dem Aufstehen oder nur nach starker Belastung. Ist das Kreuzband vollständig gerissen, kommt es zu einer sehr starken Lahmheit, teilweise gehen die Tiere nur noch auf drei Beinen.
Zu den weiteren Symptomen gehören verminderte Bewegungsfreiheit, gestrecktes Hinterbein beim Sitzen (positiver Sitztest), Schmerzen beim Berühren des Kniegelenks, Bewegungszurückhaltung, eingeschränkte Beweglichkeit oder Streckung. Sobald das Band gerissen ist, verursacht die Bewegung des falsch ausgerichteten Gelenks weitere Schäden, Entzündungen, Schmerzen und schließlich degenerative Gelenkerkrankungen. Wenn der Meniskus gerissen ist, kann beim Gehen des Tieres ein Knacken oder Knistern zu hören sein.
Diagnose
Bei der Voruntersuchung wird eine Ganganalyse im Schritt und Trab und eine genaue Untersuchung des Kniegelenkes durchgeführt. Mit dem sogenannten Schubladentest wird die Gelenksstabilität überprüft. Gelenksfüllung, verdickte Gelenkskapsel und Schmerzen bei Streckung und Beugung des Kniegelenks deuten auf eine Gelenksentzündung hin.
Die Bildgebung mittels Röntgen dient dazu, um Entzündungen des Kniegelenkes und daraus entstandene Arthrose festzustellen.
Therapie
Präoperative Röntgenaufnahme zur Bestimmung des Tibiaplateauwinkels (TPA)
TPLO (Tibial Plateau Leveling Osteotomy, Rotationsosteotomie des Tibiaplateaus)
Bei der TPLO wird ein Teil des Schienbeinkopfes kreisförmig ausgeschnitten und so verdreht, dass das “Tibiaplateau” weiter nach vorne geneigt ist und der Oberschenkelknochen somit nicht mehr nach hinten abgleiten kann. Der erforderliche Winkel wurde vorbereitend über die Erstellung von Röntgenaufnahmen exakt berechnet. Das Knochensegment wird mit einer winkelstabilen Platte wieder verschraubt. Die auf das Kniegelenk einwirkenden Kräfte werden durch die veränderte Position quasi neutralisiert.
Ein wesentlicher Vorteil der TPLO: auch Patienten mit eingerissenem Kreuzband können operiert werden und man muss nicht warten bis dieses zur Gänze durchreißt.
TTA (Tibial tuberosity advancement)
Bei dieser Methode wird ähnlich der TPLO die Biomechanik des Gelenks verändert. Während bei der TPLO der komplette Unterschenkelknochen mit einer Säge durchtrennt und in einer neuen Konfiguration wieder verplattet werden muss, kommt die TTA mit dem Durchtrennen und Verplatten eines kleinen, nicht Gewicht tragenden Teils am Unterschenkelknochen aus. Durch Implantation eines Titankäfigs wird der Ansatz des vorderen Kniescheibenbandes nach vorne verlagert und damit Kräfte vom defekten Kreuzband auf das vordere Kniescheibenband verlagert. nicht warten bis dieses zur Gänze durchreißt.
Postoperative Röntgenaufnahmen zur Überprüfung des korrekten Sitzes des Implantats
Haltebandtechniken
Bei den Techniken mit Bandersatz (Kreuzbandplastik) werden körpereigene Bindegewebsstrukturen oder künstliche Materialien verwendet. An körpereigenem Ersatzmaterial werden entweder ein Faszienstreifen der Fascia lata, Sehnenanteile des Musculus semitendinosus, Musculus gracilis oder des Kniescheibenbandes verwendet. Sie werden inner- oder außerhalb der Gelenkskapsel im Verlauf des geschädigten vorderen Kreuzbandes eingebracht und sollen die Kräfte neutralisieren, die das defekte Band selbst nicht mehr aufnehmen kann.
Die Haltebandtechniken sind altbewährt und kostengünstiger und können bei älteren, weniger aktiven Patienten bis zu einem Körpergewicht von ca. 10kg auch sehr zufriedenstellende Ergebnisse liefern.
Quellen
- Tobias KM & Johnston SA (2017): Veterinary surgery small animal. Elsevier, St. Louis, 2. ed: 1114-1124
- Brunnberg L, Waibl H, Lehmann J (2014): Lahmheit beim Hund. Procane Claudo, Berlin.