Diabetes bei Hund und Katze
Zusammenfassung
Diabetes mellitus (sog. Zuckerkrankheit) ist eine Stoffwechselerkrankung bei Hunden und Katzen, welche je nach Typ bzw. Tierart auf einen Insulinmangel oder eine Resistenz gegenüber der Insulinwirkung zustande kommt. Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) von den Beta Zellen produziert und sorgt im Körper dafür, dass Zucker (sog. Glukose) aus dem Blut in die Zellen gelangt. Das heißt, Insulin senkt den Blutzuckerspiegel. Bei Diabetikern ist dies aufgrund des fehlenden Insulins nicht möglich; es besteht ein Zustand der Hyperglykämie.
Ursache
Je nach Spezies ist die Ursache für das Zustandekommen eines Diabetes mellitus unterschiedlich. Es werden 3 Typen unterschieden: Typ 1 Diabetes mellitus betrifft Hunde. Etwa 1/100 Hunden (meist mittelalte-alte) ist betroffen. Eine genetische Rasseprädisposition ist bei Cairn Terrier und Samojeden beschrieben; aber auch jegliche andere Rassen können von der Stoffwechselerkrankung betroffen sein.
Der Typ 1 Diabetes wird durch eine autoimmune Zerstörung der Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse ausgelöst. Es kommt zu einer Vakuolisierung und Degeneration dieser Zellen, wodurch kein Insulin mehr produziert werden kann.
Typ 2 Diabetes mellitus betrifft Katzen und ist ähnlich zum Altersdiabetes beim Menschen. Etwa 0,5-2% der mittelalten-alten Katzenpopulation ist betroffen. Es gibt keine Rasseprädisposition. Laut Studien sind meist übergewichtige, kastrierte, ältere männliche Wohnungskatzen betroffen. Wenig Bewegung, dauerhaftes Futterangebot, sowie gewisse Medikamente (e.g. Cortison) begünstigen die Entstehung eines Diabetes Typ 2. Aufgrund des Übergewichts der Katzen und der ständigen Futteraufnahme und des dadurch erhöhten Blutzuckers, ist das Pankreas zunächst sehr aktiv und produziert sehr viel Insulin. Die Beta-Zellen erschöpfen nach einer Zeit, sodass jede Körperzelle schlechter auf Insulin anspricht und somit eine Insulinresistenz entsteht. Übergewicht, Nierenerkrankungen, Pankreatitis, Stoffwechselerkrankungen wie Hypothyreose oder Medikamente (z.B. Cortison, Cyclosporine) stellen Risikofaktoren dar, welche die Entstehung eines Typ 1 und 2 Diabetes begünstigen können.
Der sekundäre Diabetes mellitus ist der „3. Typ“ dieser Stoffwechselerkrankung. Wie der Name schon sagt, wird diese Form von Diabetes sekundär, also durch weitere Ursachen ausgelöst. Dazu zählen zum Beispiel der Progesteron-induzierte Diabetes bei der nicht kastrierten Hündin im Metöstrus, chronische Entzündungen im Körper oder direkt in der Bauchspeicheldrüse (sog. Pankreatitis), Tumore der Bauchspeicheldrüse oder andere hormonelle Erkrankungen wie Hyperadrenocortizismus (sog. Morbus Cushing). Beim sekundären Diabetes mellitus kommt es zu einer Degeneration der Beta Zellen durch erhöhte Insulinsekretion, welche zu einer Insulinresistenz führt.
Symptome
Die 4 klassischen Symptome eines Diabetes mellitus (bei allen Typen) sind viel Trinken (Polydipsie) und dadurch erhöhte Harnmenge (Polyurie), Fresslust (Polyphagie) und Gewichtsverlust trotz sehr guter Futteraufnahme. Sollte der Diabetes unerkannt bleiben und die Krankheit weiter fortschreiten, kann sich bei Hunden die Linse eintrüben (sog. Katarakt); diese Hunde werden somit blind. Bei Katzen kann sich eine Neuropathie entwickeln; betroffene Tiere springen z.B nicht mehr und weisen eine Fehlstellung meist von den Hinterbeinen (sog. plantigrade Fußung) auf. Im Endstadium kann der Stoffwechsel entgleisen und eine sogenannte Ketoazidose entsteht. Betroffene Tiere sind lethargisch, anorektisch und können erbrechen.
Diagnose
Betroffene Hunde und Katzen zeigen zunächst die klassischen Symptome (siehe oben), welche hinweisend für einen Diabetes mellitus sind. Zur Stellung einer Diagnose muss zunächst ein komplettes Blutbild inkl. Blutchemie und eine Harnuntersuchung durchgeführt werden. Im Blut ist die Glukose (Hunde > 180mg/dl, Katzen > 250mg/dl) bzw. das Fruktosamin (Langzeitzuckerwert) deutlich erhöht.
Diabetiker scheiden Zucker auch mit dem Harn aus, sodass im Harnteststreifen das Glukosefeld positiv wird. Nach erfolgter Blut- und Harnuntersuchung, welche auch Hinweise für einen sekundären Diabetes mellitus liefern können, sollte immer ein Ultraschall des Abdomen (Bauchraum) erfolgen, um eine Entzündung oder einen Tumor der Bauchspeicheldrüse ausschließen zu können. Eine deutlich erhöhte Blutglukose in Kombination einer Glukosurie und erhöhtem Fruktosamin ist beweisend für einen Diabetes mellitus.
Therapie
Die Therapie eines Diabetes mellitus besteht aus 3 wichtigen Säulen: – Insulintherapie – Diät – Bewegung und damit verbundener gesunder Gewichtsverlust.
Katzen bekommen 2x tgl. subkutan Insulin gespritzt. Die üblichen Präparate sind ProZinc oder Lantus. Im Gegensatz zu Hunden kann sich bei Katzen die Bauchspeicheldrüse erholen und wieder selbst Insulin produzieren, sodass die Möglichkeit einer Remission besteht. Es ist somit die Chance gegeben, dass Insulin nicht ein Leben lang appliziert werden muss. Bei Hunden wird Caninsulin 2x tgl. s.c. gespritzt; die Möglichkeit einer Remission besteht nicht. Orale Diabetika sind bei Hunden und Katzen laut aktueller Literatur nicht wirksam bzw. zeitgemäß und sollten somit nicht verabreicht werden.
Katzen sollten über den Tag viele kleine, proteinreiche und kohlenhydratarme Portionen gefüttert bekommen. Es gibt spezielle veterinäre Diäten, die die Fütterung betroffener Patienten erleichtert. Ein Spritz-Ess Abstand, wie man es beim Menschen kennt, ist bei Katzen nicht notwendig.
Im Gegensatz dazu, sollten Hunde zweimal täglich eine konstante Futtermenge gefüttert bekommen. Es gibt ebenfalls spezielle veterinäre Diäten, welche proteinreich und kohlenhydratarm sind und einen moderaten Rohfasergehalt aufweisen. Bei Hunden sollte 30 Minuten vor der Fütterung das Insulin gespritzt werden. Übergewichtige Tiere sollten animiert werden, sich mehr zu bewegen und somit Gewicht zu verlieren.
Die Einstellung von Diabetikern kann Wochen bis Monate dauern. Eine regelmäßige Kontrolle beim Tierarzt ist somit unumgänglich. Eine rasche Einstellung des Blutzuckers wird durch eigenständiges Messen der Blutglukose zu Hause (Homemonitoring) begünstigt. Wichtig ist, dass nur veterinärmedizinische Produkte zum Zuckermessen verwendet werden sollen, da Humanglukometer falsch erniedrigte Zuckerwerte anzeigen. Eine Anpassung des Insulins darf nur nach Absprache des behandelnden Tierarztes erfolgen; es wird somit täglich die konstante Insulinmenge gespritzt und ist nicht Tages-/Glukose- abhängig! Für Hunde kann laut Studien für das Homemonitoring das Freestyle libre Gerät angebracht werden, welches bis zu 2 Wochen konstant die Blutglukose misst. Nicht kastrierte Hündinnen müssen kastriert werden; bei einem sekundären Diabetes mellitus muss die Grundursache therapiert werden.
Quellen
- Behrend er al. 2018: 2018 AAHA Diabetes Management Guidelines for Dogs and Cats
- Prélaud er al: Endokrinologische Diagnostik in der Kleintierpraxis
- Medizinische Kleintierklinik LMU München, Dr. Astrid Wehner