Mag. Malgorzata Bielecki

Chirurgie, Orthopädie

Kryptorchismus

Zusammenfassung

Kryptorchismus bedeutet, dass ein oder beide Hoden nicht in den Hodensack abgestiegen sind.

Man unterscheidet zwischen ein- und beidseitigem sowie, je nach Lokalisation, an der der Hoden zu liegen kommt, zwischen einem präskrotalen (Hoden kurz vor dem Hodensack), einem inguinalen (Hoden im Leistenkanal) und einem abdominalen Kryptorchismus (Hoden im Bauchraum).

Ursache

Kryptorchismus bei Hund und Katze ist eine Erbkrankheit, welche durch Veränderungen an verschiedenen Genen verursacht und daher als polygen bezeichnet wird.

Beim Fötus liegen die Hoden im Bauchraum, direkt hinter den Nieren, und wandern kurz nach der Geburt entlang des Gubernaculum testis, einer Bandstruktur, welche dem absteigenden Hoden als Führung dient, durch den Leistenkanal in den Hodensack. Durch Anomalien des Gubernaculums, wie z.B. Verkürzung, kommt es zu einer abnormalen Positionierung des Hodens.

Bei Hunden sind vor allem kleine Hunderassen betroffen, allen voran Chihuahuas, Zwergschnauzer, Spitz, Pudel und Yorkshire Terrier, aber auch Huskies zeigen eine erhöhte Prävalenz. Die Inzidenz liegt bei bis zu 12,9%.

Bei Katzen sind vor allem Perser betroffen, mit einer Inzidenz von bis zu 3,8%.

Diagnose

Der Hodenabstieg ist meist innerhalb der ersten zwei Lebensmonate abgeschlossen, kann aber bei manchen Hunderassen länger dauern, weshalb eine definitive Diagnose des Kryptorchismus erst mit einem Alter von 6 Monaten gestellt werden sollte.

Um Kryptorchismus von einem Fehlen eines oder beider Hoden (An- oder Monorchismus) zu unterscheiden, sollte eine gründliche „Hodensuche“ mittels klinischer und Ultraschalluntersuchung sowie ggf. Schnittbilddiagnostik (CT, MRT) oder einer diagnostischen Laparotomie (Eröffnen der Bauchhöhle) bzw. Laparoskopie (Bauchhöhlenspiegelung) durchgeführt werden.

Ein Choriogonadotropin – Stimulationstest kann zur Unterscheidung zwischen einem bilateral kryptorchiden und einem anorchiden bzw. kastrierten Hund herangezogen werden.

Therapie

Die Therapie der Wahl sowohl bei ein- als auch bei beidseitigem Kryptorchismus besteht in der Kastration beider Hoden, da es sich um eine Erbkrankheit handelt, und mit betroffenen Tieren keinesfalls weitergezüchtet werden sollte. Viele kryptorchide Hunde weisen zusätzlich noch andere Erkrankungen oder Fehlbildungen, wie z.B. Patellaluxation, Defekte an Penis oder Präputium oder Umbilikalhernien auf. Bei Katzen wurden Missbildungen wie Fallot’sche Tetralogie, Patellaluxation, Schwanzanomalien und Augen- bzw. Augenlidveränderungen im Zusammenhang mit Kryptorchismus beobachtet.

Darüber hinaus haben kryptorchide Hoden aufgrund der höheren Umgebungstemperatur ein fast 11-fach gestiegenes Risiko, neoplastisch zu entarten.

Die Kastration erfolgt, je nach Lokalisation, entweder mittels direktem Schnitt über dem durch die Haut fühlbaren Hoden bei inguinaler oder präskrotaler Lokalisation, oder mittels Laparotomie oder Laparoskopie bei abdominal gelegenen Hoden. In letzterem Fall ist, vor allem bei mittelgroßen bis großen Hunden, die Laparoskopie als deutlich weniger invasive Methode zu präferieren.

Quellen

  • Johnston SA & Tobias KM (2018): Veterinary surgery small animal. Elsevier, St. Louis, 2nd ed.
  • Pendergrass TW, Hayes HM: Cryptorchidism and related defects in dogs: epidemiologic comparison with man. Teratology 12:51–55, 1975.
  • Runge JJ, et al.: Single-port laparoscopic cryptorchidectomy in dogs and cats: 25 cases (2009-2014). J Am Vet Med Assoc 2014 Dec 1;245(11):1258-65.